Samstag, November 28, 2009

Begrenzter Journalismus

Prof. Geribert Jakob und das Autorenteam der Forschungsgruppe Medienlegten zum 14. MainzerMedienDisput vom 10. November 2009 folgende Untersuchung vor:

Was beeinflusst die Entfaltung eines Qualitätsjournalismus

Hier die Zusammenfassung mit viel relevanz für die Zeitungslandschaft in MV

Presse und Rundfunk in Deutschland unterliegen vielfältigenVeränderungen sowie sich verschlechterndenRahmen- und Arbeitsbedingungen. Die Analyse machtzehn mehrfach miteinander verknüpfte Faktoren sichtbar,die sich essenziell auf die Güte und die mittel- undlangfristigen Rahmenbedingungen der journalistischenArbeit und ihrer Ergebnisse auswirken. Deutlich wirddabei, dass sich die allermeisten dieser Faktoren in denletzten Jahren negativ entwickelt haben:
• Geld: Die knapper werdenden finanziellen Ressourcenführen in den Redaktionen zu einem Abbau desPersonals und bei freien Journalisten über wenigerAufträge und Honorardumping zu einem niedrigeremEinkommen.• Zeit: Es steht aufgrund des erhöhten finanziellenDrucks immer weniger Zeit für Recherche und Qualitätssicherungsmaßnahmenzur Verfügung.• Routinen: Die Selektionskriterien von Journalistenkönnen zu einer systematischen Vernachlässigungvon Themen führen, die für die Bevölkerung relevantsind. Die Recherche als Routine wird zunehmendabgebaut.• Organisation: Redaktionen wurden in den letztenJahren aufgrund des erhöhten finanziellen Drucksumorganisiert. Eine erste Studie zeigt, dass dieAnnahme, dass diese Umorganisationen mit Qualitätsverbesserungeneinhergehen, in Frage gestelltwerden muss.• Recht: Zahlreiche Gesetze haben in den letzten Jahrendas Redaktionsgeheimnis und den Informantenschutzgeschwächt. Juristische Auseinandersetzungenum Unterlassungsklagen häufen sich. DasAkteneinsichtsrecht wird noch zu wenig in der Praxisgenutzt bzw. die Nutzung wird von Behörden oftmalsblockiert. Änderungen im Urheberrecht führten zueiner Schwächung der Urheber zugunsten von Sendernund Verlagen.• Bildung: Die soziale Herkunft der Journalisten vornehmlichaus der Mittelschicht führt zu einem Mainstream-Journalismus. Das Ausbildungssystem begegnetderzeit der Herausbildung elitärer Zirkel nicht, umeinen anwaltschaftlichen Journalismus zu vermitteln.• Selbstverständnis: Die Ko-Orientierung der medialenElite führt zu einer von den gesellschaftlichenBedürfnissen abgehobenen Berichterstattung - undzur Vernachlässigung relevanter Themen oder Themenzugänge.Der erhöhte finanzielle Druck lässtJournalisten ihr Selbstverständnis zunehmend in denHintergrund stellen.• Eigentum: Im Bereich der Lokalzeitungen ist derMarkt gefestigt; Wettbewerb findet nur noch punktuellstatt. Eigentümerwechsel und Kostenreduzierungbleiben als letzte Maßnahmen, um dem finanziellenDruck zu begegnen. Außerdem ist zu beobachten,dass Publikationen und Sendungen in medienpolitischenStreitfragen für die eigenen Verlags- oderBetreiberinteressen eingespannt werden.• Public Relations: Der Anteil der PR-beeinflusstenBeiträge im redaktionellen Teil nimmt deutlich zu.Journalistische Inhalte werden immer häufiger alsUmfeld für Werbekunden betrachtet. Die Grenzenzwischen Redaktion und Anzeigen verwischenzunehmend. Berufsständische und sonstige journalistischeInteressenvertretungen und Verbünde könnensich aber nicht auf eine einheitliche Linie in derDefinition ethischer Grundsätze einigen.• Digitalisierung: Die Beteiligungsbarrieren für Laiensinken, die Medien verlieren ihre Gatekeeper-Funktionen.Junge Nutzer und Intensiv-Leser wenden sichverstärkt den Online-Medien zu. Dabei ignorieren siezunehmend das Inhalte-Bundling von Anbietern. Esentstehen deterritorialisierte Kommunikationsräume.Die in den Faktoren jeweils aufzufindenden Details verdichtensich auf folgende drei gleich gewichtige Kernprobleme,nämlich:• der Erhaltung unabhängiger Berichterstattung beiGefährdung durch subtile Einschränkungen der Berichterstattungsfreiheit,• der Erhaltung der Güte journalistischer Arbeitsergebnissebei Gefährdung durch Verknappung essenziellnotwendiger Ressourcen sowie• der Erhaltung der gesellschaftlichen Funktion journalistischerTätigkeit, die durch erodierende Nachrichtenmärkte,interne wie externe Einflussnahme undverändertes Rezipientenverhalten insbesondere inder jüngeren Generation gefährdet ist.

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